Seelenbilder für Mensch und Tier

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Etien und die 3 Aufgaben

I.

Ein König hatte 2 Söhne. Etien- gross, gut aussehend und dunkelhaarig. Und Leander-ein blasser, dünner, jüngerer Bruder mit hellen Haaren. Seine Erscheinung war so gegensätzlich zum Etien. Aber wie auch konnte man sportlich und muskulös werden, wenn man die ganze Zeit seine Nase in den Bücher steckte. Die Jahre vergingen und der König befürchtete, dass sein Leben sich zu Ende neigte. Nur beschäftigte ihn die Frage der Thronnachfolge. Er schätzte den Verstand des Leanders und war auch stolz auf die Kraft des Etiens. Aber er konnte sich nicht entscheiden, wer der neue König sein sollte.


Nun rief er seine beiden Söhne zu sich und sagte:

„Die Kraft verlässt mich und ich bin des Regierens müde geworden. Es ist an der Zeit, dass einer von Euch die Herrschaft übernimmt."

Die Brüder schauten sich an. Etien hob seinen Kopf noch höher, als er ihn sonst schon trug und lächelte siegessicher. Aber Leander hob nur eine Augenbraue und verzog sein Gesicht. Seine Zuversicht in seinen Verstand war ebenso gross.

„Ich habe 3 Aufgaben für Euch."- sagte der König und schaute sie abwechselnd an- „Derjenige, der 2 von denen gewinnt, wird der König werden. Die erste Aufgabe ist folgende. Im Dunklen Wald lebt ein gefährlicher schwarzer Bär. Es ist aber kein gewöhnliches Tier. Stark und klug wie 10, da er verzaubert wurde. Er trägt in seinem Herzen einen grossen Diamanten. Bringt mir den."


Etien hörte nicht auf zu lächeln, als er sich in seine Gemächer zurück zog. Der junge Prinz legte sich auf eine Liege und rief seine Diener.

„Massiert mir den Rücken"- befahl er und schloss die Augen. In seiner eingebildeten Fantasie trug er schon die Krone. Mit seiner Kraft und Kampfausbildung hatte er schon etliche Bestien erlegt. Da wird ein Bär, wenn auch verzaubert keine grosse Herausforderungen werden.

Der jüngere Bruder ging in seine Kammer und fing an eine Falle für den Bären zu bauen.


II.

An dem Tag der ersten Aufgabe war der Himmel ganz schwarz. Der Wind peitschte durch den Wald und wirbelte die Äste und Blätter durch die Luft. Die Bedingungen für eine Jagd waren schlecht.

Etien kam an den Waldrand angeritten. Er band seinen schwarzen Hengst an einem Eichenast an und ging alleine in die Dunkelheit der Bäume hinein. In der Hand trug er ein Schwert und in seinem Gürtel steckte ein Dolch. Mehr würde er nicht brauchen.

Behutsam lief er vorwärts. Die Büsche bewegten sich und Äste knackten. Seine Sinne waren geschärft. Jeden Moment könnte das Biest ihn angreifen, aus jeder Richtung kommen...Warum hatte er das Gefühl, selber verfolgt und gejagt zu sein? Und wo war Leander?

Etien hielt sein Schwert bereit in der Hand und lief gebeugt weiter. Als ein Blitz den Wald erhellte. Ein mächtiger Donner hallte in der Luft. In dieser Helligkeit erblickte Etien die Statur des Bären und nicht weit von ihm die von seinem Bruder, der hinter einem Baum am Boden kauerte. Dazwischen auf dem Boden sah Etien etwas metallisches aufleuchten. War das die Falle?

Der Bär lief auf Leander zu und stoppte plötzlich. Hat er die Falle entdeckt? Etien liess sich keine Zeit zum überlegen. Wenn der Bär in die Falle stampfte würde Leander ihn überwältigen können und das konnte Etien nicht zulassen!

Ohne zu überlegen, sprang er auf den Bären zu und wie eine Walze rannte er durch die Büsche. Leander merkte auch schnell was geschehen würde und griff das Tier von der anderen Seite an.

Sie stürzten sich auf den Bären und alle gingen zu Boden. Sie wirbelten mehrmals auf dem Waldboden. Bis ein Schrei Etiens Ohren erreichte. Es was Leander. Er sprang auf die Seite und sah wie sein Bruder auf dem Boden lag und sein Bein übel zugerichtet war. Mit noch grösser Kraft versuchte Etien den Bären zu überwältigen. Mal blitzte ein Schwert auf, mal verschwand es in dem dichten Fell des Tieres. Der Bär befreite sich von der Umklammerung des Menschen und stieg auf die Hinterbeine. Seine Statur war erschreckend gross und beängstigend. Seine Augen wild von Zorn. Etien kniete auf dem Boden und sein Schwert lag paar Meter von ihm entfernt. Ein kurzer Blick und er erkannte, dass er die Waffe nicht erreichen konnte.

Der Bär stürzte sich auf Etien, riss sein Maul auf und verschlang ihn. Doch er konnte sich nicht lange auf den Beinen halten und kippte um. Leander versuchte aufzustehen, er konnte nicht fassen, was gerade geschehen war. Er zuckte sein Dolch und trotz grossen Schmerzen krieche er zum am Boden liegenden Bären. Als eine Klinge von ihnen das Tier komplett aufschlitzte und Etien völlig mit Innereien und Blut bedeckt kniete anstelle des Tieres. In seiner Hand hielt er den Diamanten.

„Jetzt muss ich baden"- sagte er eitel und lächelte er seinen jungen Bruder an.

„Ist das das Einzige was Dir jetzt in den Sinn kam?..."- fragte Leander ausser Atem.


III.

Die morgen Sonne erhellte das Thronsaal. Die Brüder standen kerzengerade und warteten auf die Worte des Königs. Na ja, also Leander stand etwas krumm, da sein verletzte Bein ihm immer noch zu schaffen machte.


„Meine Söhne"- begann der König- „die zweite Aufgabe wird von Euch andere Fähigkeiten verlangen als die Erste. Dennoch bin ich mir sicher, dass es für Euch kein Problem sein wird, sie zu lösen. Ihr werdet Euch im Morgengrauen zum Nimrod Castle begeben. Dort werdet Ihr auf einen Drachen treffen. Er wird Euch ein Rätsel sagen. Die Antwort möchte ich von Euch nach Eurer Rückkehr hören. Gute Reise!"


Sagte der König und schickte sie mit einer Handbewegung weg.


„Nimrod? Das Schloss aus Glas?" - fragte Leander und wandte sich zu seinem Bruder.

„Aus was?"- Etien machte grosse Augen.

Aber sein Bruder lachte nur und ging leichten Schrittes davon.

„Ehrlich, es täte Dir gut mal zu lesen:-)"- rief Leander und drehte sich nicht mal um.


Wie geheissen, im Morgengrauen ritten 2 Reiter vom Schlosshof weg. Leander überholte Etien auf seinem schnellen Schimmel, so dass der nur seine blonden Schopf von hinten sah. Dem älteren Bruder war das aber recht. Er hetzte seinen Hengst nicht und liess sich gerne von Leander den Weg zeigen.

Bis sie das Schloss aus der Ferne erblicken konnten. Es schwebte in der Luft, auf einem Felsen, umhüllt ganz in weiss und nur ein schmaler Pfad verband es mit der Erde.

Als sie vor den Toren des Schlossen standen verschlang es ihnen der Atem. Das Schloss war komplett aus Glas gemacht. Jede Wand, jeder Steg oder Turm spiegelte sich ineinander und die 2 Männer vervielfachte. Sie hatten einen Eindruck vor einer Armee aus Etiens und Leanders zu stehen.

Aber es gab niemanden zu sehen. Keine Leute, kein Lärm, es herrschte eine gespenstische Stille.


„Wo sollte hier der Drache sein?"- fragte Etien seinen Bruder und sie gingen in den Innenhof.

Als sich in diesem Augenblick der Himmel verdunkelte und ein Paar riesengrosse, grüne Flügel verdeckten den ganzen Hof. Der Drache landete elegant auf dem Hof, richtete sich auf und sprach mit tiefer Stimme:

„Was wollt Ihr hier?"

„Das Rätsel hören"- sagte Etien und trat vor.

„Und was bekomme ich dafür?"- fragte der Drache

„Bekommen?"- Etien runzelte die Stirn und schaute ganz verwirrt in die gelben, leuchtenden Augen.

Leander ging an seinem Bruder vorbei und Etien merkte erst jetzt, dass er eine Tasche dabei hatte. Er legte sie dem Drachen zu Füssen und verbeugte sich tief.

Ein Lächeln erschien auf der grossen Schnauze des Drachen, als er in die Tasche hineinblickte.

„Du sollst mein Rätsel bekommen." -sagte er und mit einem gewaltigen Atemzug pustete er Etien aus dem Hof.


Als er zu sich kam, waren Leander und der Drache weg.

„Na toll!" -schimpfte er, stieg auf sein Pferd und ritt heim.

IV.

Leander war in seinen Gemächern als die Tür mit lautem Knall aufsprang. Etien stand da und Wut zeichnete sich auf seinem Gesicht ab.

„Gut heimgekommen?" -lächelte Leander

„Was hast Du dem blöden Vieh gegeben?" -fragte Etien zornig

„Früchte" -antwortete er

Die Verwirrung stand auf Etiens Gesicht zu stehen

„Ja, mein Lieber." - sagte der Bruder und schritt durch das Zimmer - „in den Büchern steht es, dass der Drache mit einem Zauber an das Schloss gebunden ist und nicht davon fliegen kann. Somit nimmt er für seine Rätsel und Ratschläge gerne Esswaren an."

„Verrätst Du mir das Rätsel?" -frage Etien ganz süsslich

„Ich muss jetzt baden"- ahmte Leander seinen Bruder nach und ging aus seinem Gemach.


Vor dem König stehend empfand Etien es als Schmach das Rätsel nicht mal erfahren zu haben.

Leander dafür schien fast ein Kopf grösser zu wirken, als er seinem Vater die Antwort gab.

Der König lächelte.

„Richtig, mein Lieber"- nickte der König -"wie es aussieht entscheidet die Letzte Aufgabe, wer den Thron besteigen wird. Ich habe für Euch 3 Prinzessinnen aus den Nachbarländer ausgewählt, jeder von Euch muss eine davon zur Frau nehmen. Eure Wahl wird mir viel über Eure strategischen und diplomatischen Fähigkeiten verraten. Also wählt weise."


Leander hielt die 3 Kärtchen mit dem Abbild der Prinzessinen und wollte schon hinausgehen als Etien zum König sprach:

„Mit allem Respekt mein König"- fing er mit zittriger Stimme an und starte auf die gleichen Kärtchen die er in den Händen hielt -"ich..."  Seine Stimme brach ab.

Er fasste sich aber wieder und sprach ganz laut.

„Ich kann und werde keine Frau an meiner Seite aus strategischen oder diplomatischen Gründen wählen. Wie Ihr wisst, habe ich mein Herz bereits einer Frau geschenkt. Einer, die mich auch liebt. Sie ist zwar aus dem einfachen Volk, aber Ihr seid das doch gewesen Vater, der gesagt hat, das das Volk das Fundament unseres Königreichs wäre, also von grösster Wichtigkeit. Abgesehen davon ist sie mir das Liebste und das Teuerste, also werde ich keine andere Frau ausser sie wählen."

Etiens Stimme wurde ganz sanft und Tränen liefen ihn über das Gesicht. Es fiel ihm sehr schwer sich seinem Vater zu widersetzten aber noch schwerer die Krone aufzugeben.

„Wenn meiner Liebe treu zu bleiben bedeutet, dass ich nicht Dein Nachfolger werde, dann solle es so sein. Leander wird ein weiser und sanfter König werden. Da bin ich mir sicher." -sagte Etien und senkte sein Kopf.


Der alte König stand auf und ging auf seine Söhne zu. Er legte beide Hände auf ihre Schultern und sprach:

„Ich bin ganz stolz auf Euch! Ich habe wunderbare Kinder und egal wer die Krone tragen wird, wird der andere an seiner Seite sein. Ein Königreich zu regieren ist nicht nur die Angelegenheit des Kopfes aber auch des Herzens. Es ist wichtig nicht nur Befehlen zu folgen, sondern auch eigene Entscheidungen zu fällen. Etien, mein treuer, Du bist so weit ein Herrscher zu werden und Dir werde ich die Krone geben.

Es lebe der König!"


ENDE